Lockdown „light“ und die Folgen, Nr. 05

Die Arbeitslosigkeit im Kultur-/Kreativsektor sehr stabil

Vorbemerkung: Der Kultur/Kreativsektor ist von der „Corona-Krise“ besonders betroffen – auch, weil seine Strukturen und Beschäftigungsformen in vielfacher Hinsicht atypisch sind. Als kleines Expertenteam wollen wir den Blick für diese Zusammenhänge schärfen und der Öffentlichkeit, der Politik und den Medien zuverlässige Daten zur Verfügung stellen – und damit Hinweise für eine realistische und effektivere Gestaltung der „Hilfsprogramme“ bieten.

Anfang November wurde der zweite „leichte“ Lockdown verhängt. Er soll jetzt mindestens bis zum 10. Januar 2021 dauern. Der Kultur-/Kreativsektor, die Gastronomiebranche oder der Einzelhandel sind davon besonders betroffen. Hier werden wieder Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Damit dürfte die schon durch den ersten Lockdown gestiegene Arbeitslosigkeit weiter zunehmen.

Unsere Abbildung 1 weist aus, dass im November 2020 rund 83.600 abhängig Beschäftigte in ausgewählten Kultur-/Kreativberufen arbeitslos gemeldet waren. Real dürfte ihre Zahl weitaus höher sein: bisher kann lediglich eine Auswahlgruppe beispielhaft untersucht werden. Wir wissen auch noch nicht, welche Auswirkungen sich bei den Minijobs zeigen werden. Immerhin gab es im März 2020 allein in den ausgewählten Kultur-/Kreativberufen knapp 108.000 Minijobs. Wie viele von diesen werden in der Corona-Krise verschwinden?

Abb. 1: Entwicklung der Zahl der Arbeitslosen in ausgewählten Kultur-/Kreativberufen des Kultur-/Kreativsektor von März 2020 bis November 2020

Hinweise: Ausgewählte Kultur-/Kreativberufe: 1. Grafikdesign, 2. Softwareentwicklung, 3. Werbung/Medien, 4. Produktdesign, 5. darstellende Künste (Musik, Schauspiel, Film, etc.), Aggregat Kultur-/Kreativberufe (1.-5.).
Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnung Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln, November 2020

Die Übersicht zeigt auch, dass die Zahl an Arbeitslosen in der Auswahlgruppe seit dem Höhepunkt im Augst mit rund 91.400 Menschen geschrumpft ist. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe scheint sich nach dem ersten Lockdown verbessert zu haben, so dass im Monatsschnitt rund 2.500 Arbeitslose wieder eine Arbeit gefunden haben dürften. Wir hatten im Monat Juli vermutet, dass sich die wirtschaftliche Situation für die Betriebe nicht erheblich verbessern und der Negativtrend sich fortsetzen wird. So erwarteten wir eine Zahl von 100.000 Arbeitslosen wenn bis zum Jahresende monatlich rund 2.000 weitere Stellen wegfallen würden (siehe Info Nr. 03). Diese Einschätzung hat sich erfreulicherweise nicht bewahrheitet: die Arbeitslosenzahlen sind gesunken. Ob dies mit den entspannteren Sommermonaten zusammenhängt oder andere Gründe hat, kann hier und jetzt noch nicht beurteilt werden.

Um die absoluten Zahlen richtig einordnen zu können, wird die Arbeitslosenentwicklung unserer Auswahlgruppe im Monatsvergleich zum Vorjahr dargestellt.

Abb. 2: Anstieg der Zahl der Arbeitslosen in ausgewählten Kultur-/Kreativberufen in Deutschland im November 2020 gegenüber November 2019 in Prozent

Hinweise: Ausgewählte Kultur-/Kreativberufe: 1. Grafikdesign, 2. Softwareentwicklung, 3. Werbung/Medien, 4. Produktdesign, 5. darstellende Künste (Musik, Schauspiel, Film, etc.), Aggregat Kultur-/Kreativberufe (1.-5.).
Quelle: Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnung Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln, November 2020

Im Vergleich der Monate November 2019 und 2020 wird ein überdurchschnittlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich sichtbar. Im Durchschnitt hat die Zahl der Arbeitslosen in den hier aufgeführten Kultur-/Kreativberufen um 41,5% zugenommen. Vom Produktdesign mit 29,5%, bis hin zu 51,1% bei den darstellenden Künsten (Musik, Schauspiel, Film, etc.) stieg die Arbeitslosigkeit bei den ausgewählten Berufen, überraschenderweise ist selbst die Softwareentwicklung mit 45,6% von der starken negativen Dynamik betroffen.

In der Gesamtwirtschaft ist die Zahl der Arbeitslosen im angesprochenen Zeitraum von 2,18 Millionen auf 2,7 Millionen dagegen nur um 23,8% gestiegen. Kurz: die Arbeitslosigkeit der hier dargestellten Kultur-/Kreativberufe liegt mehr als deutlich über der der Gesamtwirtschaft.

In anderen Branchen wie der Gastronomie ist die Lage nicht viel besser. Hier wurden im November 2020 rund 68.500 Arbeitslose gezählt. Berücksichtigt man dazu Hotels und Tourismus, steigt die Arbeitslosenzahl auf über 115.000. Das ist ein Zuwachs von über 35% gegenüber November 2019.

Dabei spiegeln diese Zahlen noch nicht den zweiten Lockdown wider, der die Lage im Kultur-/Kreativsektor, in der Gastronomie und anderen Branchen des Dienstleistungssektors erheblich beeinflussen wird. Bis Ende Januar oder gar Ende Februar werden wir auf amtliche Statistiken warten müssen, die weitere Verwerfungen am Arbeitsmarkt abbilden.

Schon jetzt steht allerdings mit Blick auf die neuen Novemberzahlen zur Kurzarbeit fest, dass die wirtschaftliche Lage der Betriebe schwieriger werden wird. Dazu demnächst mehr.

Für das Expertenteam,
Michael Söndermann, Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln

Hintergrundinformation
Künstlerische und kreative Berufe in der Coronakrise 2020, Nr. 01
https://kulturwirtschaft.de/kuenstlerische-und-kreative-berufe-in-der-coronakrise-2020/

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