Künstlerische und kreative Berufe in der Coronakrise 2020, Nr. 01

“Denn sie wissen nicht, wie viele Künstler/innen es gibt”

1.
Um die Folgen der „Corona-Krise“ abzufedern
haben Bund und Länder umfangreiche „Hilfsprogramme“ aufgelegt. Nicht nur die Bundesregierung erklärt, jetzt „alles nur Mögliche (zu unternehmen), um Kultur- und Medienschaffende zu unterstützen und die Zukunft der Kultureinrichtungen zu sichern.“ Die Aufwendungen seien zudem „wichtige Investitionen in den Erhalt unserer kulturellen Infrastruktur und des kulturellen Lebens in Deutschland. Was davon einmal verloren geht, lässt sich so schnell nicht wiederaufbauen.“ Die „Hilfsprogramme“ richten sich – so die Bundesregierung – u.a. an Solo-Selbständige und Kleinstunternehmen auch der Kultur- und Kreativwirtschaft, bieten eine „flexiblere“ Gestaltung des Kurzarbeitergeldes und einen „vereinfachter Zugang zur Grundsicherung“ an und wollen über „Liquiditätshilfen“ dazu beitragen, die Auswirkungen der Krise abzufedern.

Ähnliche Erklärungen haben auch Landesregierungen abgegeben. So hat etwa die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen jüngst ein „Stärkungspaket Kunst und Kultur“ angekündigt, das aus ihrer Sicht „die Mittel des Bundes für Künstler und Kultureinrichtungen passgenau verstärkt und ergänzt“. Ebenso will das Land die „Überbrückungshilfen des Bundes“ für Soloselbständige und Freiberufler mit eigenen Mitteln erhöhen. (Pressemeldung der Landesregierung Nordrhein-Westfalens vom 24.6.2020)

Die vorliegenden Programme sind inzwischen vielfach kritisiert worden. Die als „Soforthilfen“ gedachten „unkomplizierten“ Maßnahmen seien nicht nur mit bürokratischen Hindernissen verbunden, sondern auch an wenig realistische Voraussetzungen geknüpft worden. So seien etwa die anfangs von den meisten Kulturministerien genannten Kriterien (https://www.mkw.nrw/FAQ_Sofortprogramm, professionelle künstlerische Tätigkeit), wie die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK) oder in einem Berufsverband, kaum geeignet, die professionell künstlerisch Tätigen tatsächlich zu erfassen. In der KSK sind lediglich rund 5 Prozent aller künstlerisch, kulturell oder kreativ Tätigen erfasst und auch die Berufsverbände können nur einen sehr begrenzten Anteil zur Mitgliedschaft bewegen. So hat das UNESCO Institut für Statistik (UIS) in seiner „Cultural Employment Statistics 2016“ eine Gesamtzahl von rund 4,1 Millionen Erwerbstätigen ermittelt, die in allen bereichs-, branchen- bzw. spartenspezifischen Feldern des Kultur-/Kreativsektors in Deutschland tätig sind – sowohl als Selbständige bzw. freiberuflich Tätige als auch als abhängig Beschäftigte. Damit wäre der überwiegende Anteil der professionellen Künstler/innen und Kreativen von der Soforthilfe ausgeschlossen.

Auch wenn mittlerweile versucht worden ist, einige der Kritikpunkte aufzunehmen und die Kriterien der Programme zu korrigieren, bleiben doch eine Reihe von grundsätzlichen Fragen. Offensichtlich sind in der aktuellen Debatte die schon seit längerem vorliegenden Analysen über Umfang, Struktur und die – auch wirtschaftliche – Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft aus welchen Gründen auch immer nicht berücksichtigt worden.

Zur Erinnerung: Unter Kultur- und Kreativwirtschaft werden diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen erfasst, welche überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen. Dabei kann sich die Bruttowertschöpfung (BWS) der Kultur- und Kreativwirtschaft aus Sicht der der Bundesregierung mit klassischen Wirtschaftsbranchen wie der Chemischen Industrie oder der Finanzbranche messen. 2019 wurde ihr Umsatz mit rund 100 Milliarden Euro angegeben (BMWi (2019). Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2019, Berlin). Ein weiterer Aspekt sind die sog. „weichen Standortfaktoren“, auf die hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.

Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass der Anteil der Kultur- und Kreativwirtschaft an den in den „Konjunkturhilfsprogrammen“ vorgesehenen Mitteln bei knapp einem Prozent liegt und so „ziemlich kleinlich aussieht“, wie u.a. der Konzertveranstalter Peter Schwenkow anmerkte (FAZ 20.06.2020 S. 24: „Berufsverbot als Lagerfeuer“).

2.
Deshalb ist eine erneute Darstellung der (oder eine Erinnerung an die) vorliegenden Ergebnisse der offiziellen Erhebungen wichtig, um ein umfassendes Bild der Kultur- und Kreativwirtschaft und der mit ihr verbundenen Berufsgruppen zu skizzieren und damit die tatsächlichen Voraussetzungen für den notwendigen Umfang der politischen Maßnahmen zu benennen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind hier die amtlichen Daten der Finanzämter, deren Vollständigkeit und Zuverlässigkeit kaum angezweifelt werden dürfte. Hier sind alle Künstler/innen erfasst, die über ihre Einkommensteuererklärung ihre freiberuflichen Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit angeben. Wenn in diesem Zusammenhang ein „Verdacht auf Liebhaberei“ besteht, akzeptiert das Finanzamt die entsprechenden Angaben ohnehin nicht.

Mit der Steuererklärung liegt also eine realistische Auskunft über die tatsächliche professionelle künstlerische Tätigkeit von Künstler/innen vor. Die entsprechende Einkommensteuerstatistik erfasst alle Einkommensteuerpflichtigen. Sie ermöglicht eine empirisch stabile Erfassung dieser Gruppe.

Es gibt aber noch weitere statistische Quellen zur Zahl der Künstler/innen, die hier kurz vorgestellt werden: Der Begriff „professionelle“ Künstler/innen wird nach unterschiedlichen amtlichen statistischen Quellen geprüft:

  • Künstlersozialkasse (KSK) – halbamtliche Statistik. Erfasst werden alle Selbständigen, die eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit ausüben und, sofern sie die KSVG-Kriterien erfüllen, als Mitglied in die KSK aufgenommen werden.
  • Einkommensteuerstatistik (EST) – amtliche Statistik. Erfasst werden alle steuerpflichtigen Personen, die entweder als alleinstehende Person, oder als Ehepaar bzw. Personen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammen veranlagt werden und die Einnahmen aus steuerrechtlich definierten Einkunftsarten haben.
  • Umsatzsteuerstatistik Veranlagungen (UST) – amtliche Statistik. Erfasst werden alle Selbständigen und Unternehmen, die für das Berichtsjahr gesetzlich verpflichtet waren, Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Dazu zählen auch Unternehmen mit nur geringen Umsätzen, mit einem Umsatz von null oder mit einem negativen Umsatz.

Tab.: Eckdaten zum Umfang der beim Finanzamt registrierten Künstler/innen und Kreativen in Deutschland 2019*

AnzahlBerufsgruppeJahrQuelle
 
188.300I. Künstlerberufe nach den 4 KSK-Berufsgruppen Wort, Musik, Bildende und darstellende Künste2019Künstlersozialkasse (KSK)
257.000II. Künstlerberufe nach den 4 KSK-Berufsgruppen2019*Finanzamt-Einkommensteuer-statistik (EST)
98.800III. weitere Kulturberufe wie Filmemacher, Fotografen, Übersetzer und Designer2019*Finanzamt-Einkommensteuer-statistik (EST)
355.800II.+III. Summe der EST-Künstler- und Kulturberufe2019*Finanzamt-Einkommensteuer-statistik (EST)
Zur Information: 
605.000IV. Alle Selbständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft2019*Finanzamt-Umsatzsteuer-statistik (UST)
Hinweis: (*) Schätzung basierend auf Ist-Zahlen von 2015. Quelle: Künstlersozialkasse, Finanzamt/ Destatis; eigene Zusammenstellung und Berechnung Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln, 2020

Zu I.)       Anzahl professionelle Künstler/innen nach Definition KSK:     188.300 (Stand: 1.1.2019)
Zum Verständnis: Hier handelt es sich um eine Teilmenge aller Künstler/innen, nämlich nur um die, die sich bei der KSK angemeldet haben und als Künstler/in anerkannt wurden
Zu II.)     Anzahl professionelle Künstler/innen nach Definition EST:      250.500 (Stand: Jahr 2015)
Anzahl professionelle Künstler/innen geschätzt nach EST:       257.000 (Schätzung: Jahr 2019)
einbezogene Berufsgruppen: Bildende Künstler/in, Musiker/in, Bühnen-/Rundfunkkünstler/in und Schriftsteller/Journalisten/in
Zum Verständnis: Hier handelt es sich um alle Einkommensteuerpflichtige, die beim Finanzamt angegeben haben, dass sie aus künstlerischer/schriftstellerischer Tätigkeit freiberufliche Einkünfte im Jahr 2015 erzielt haben.
Zu III.)    Erweiterte Einbeziehung von Kulturberufegruppen:
Ergänzend werden in der Einkommensteuerstatistik für das Jahr 2015 auch die Filmemacher/ Kameraleute (2.600), die Fotografen (19.000), die Übersetzer/Dolmetscher (31.800) und die Designer (Textil, Mode, Möbel: 42.700) erfasst. Das sind für das Jahr 2015 rund 346.600 Künstler/innen, Kulturberufe und Kreative, die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach Angaben des Finanzamts erzielt haben. Bei einem Zuwachs von 2,7 Prozent (KSK-Zuwachs) kann für das Jahr 2019 nach EST eine Anzahl von rund 355.800 Künstler/innen/Kreativen angenommen werden.
Zu IV.)    Angaben nach UST:
Es fehlen noch weitere Berufsgruppen, die ebenfalls zur Kultur- und Kreativwirtschaft gehören, wie die freiberuflichen Architekten, Werbeleute, Games-/Softwareentwickler, Lehrer für musische Fächer oder andere Selbständige wie Musik-/Buch-Kunsthändler, Filmproduzenten, Kunst- und Kulturhandwerker usw. Werden diese weiteren kulturellen und kreativen Berufsgruppen berücksichtigt, liegt die Zahl nach der Umsatzsteuerstatistik für die Kultur- und Kreativwirtschaft im Jahr 2015 bei insgesamt 584.400 Selbständigen und Unternehmen. Darin enthalten sind alle Mini-Selbständigen bis 17.500 Euro, und die Selbständigen und Unternehmer/innen ab 17.500 Euro. Demnach liegt die Zahl der Künstler/innen und Kreativen im Jahr 2019 geschätzt bei insgesamt rund 605.000 Selbständigen und Unternehmen (das ist nach Umsatzsteuerstatistik ein Plus von 3,6 Prozent gegenüber 2015).

3.
Die Bemessung der „Hilfsmaßnahmen“ an empirischen Kriterien ist eine notwendige Voraussetzung für ihre Wirksamkeit
. Bei allen politischen Maßnahmen sollten die angeführten und auf der Basis amtlicher Statistiken nachprüfbaren Zahlen der Künstler/innen und Kreativen zugrunde gelegt werden. Entsprechend ist auch zur Kenntnis zu nehmen, dass zahlreiche Kleinstunternehmer/innen und Soloselbständige einen Wert schaffen, der sich finanziell beziffern lässt. Das wirtschaftliche Existenzmodell, das in der Regel Voraussetzung für einen kulturellen oder kreativen Schaffensprozess ist, wird in seiner Bedeutung als Basis unserer „Kulturnation“ noch kaum berücksichtigt. Denn es gilt in aller Regel als „atypisch“ und ist mit den üblichen Schablonen der gängigen „Grundsicherung“ kaum erfassbar.

Die Künstler/innen und Kreativen sind in der „Corona-Krise“ weder „arbeitslos“ noch „arbeitssuchend“, sondern können wie zahlreiche andere Menschen auch ihre Profession aufgrund der Gegebenheiten nicht ausüben. Ihr Status ist im aktuellen System gar nicht vorgesehen. Das unterscheidet sie etwa von anderen Selbständigen, wie den Zahnärzten. Denen wird ein Umsatzeinbruch im Zuge der Corona-Krise in einem Umfang bis zu 90 Prozent ausgeglichen. Basis hierfür ist der im Vorjahr gemeldete Umsatz. Die entsprechende Ausgleichszahlung erfolgt ohne Antragstellung automatisch von den Ärztekammern. (Quelle: KVBW, Schutzschirm & Finanzhilfen. Ausgleichszahlungen bei Umsatzeinbrüchen, abgerufen am 6. Juni 2020)

Das Beispiel zeigt: es geht nicht nur kurzfristig um die Unterstützung der Künstler/innen auf Grundlage realistischer Zahlen, sondern auch um die längerfristige Entwicklung adäquater struktureller Modelle, um diejenigen, die mit ihren künstlerischen und kreativen Werken und Produkten den Kultur-/Kreativsektor in diesem Land ermöglichen, auch in Krisenzeiten abzusichern. Das ist allemal mehr als die sich in letzter Zeit häufenden mehr oder weniger unverbindlich bleibenden „Wertschätzungen“ der Branche.

4.
Als kleines Expertenteam wollen wir den Blick für diese Zusammenhänge schärfen
. Die „Corona-Krise“ hat uns gezeigt, dass in der staatlichen Politik trotz zahlreicher Publikationen und Expertisen zum Thema und der sie begleitenden, häufig sich begeistert gebenden Akklamationen, viele Fakten offenbar nicht akzeptiert (oder verstanden?) worden sind. Im politischen Alltagsgeschäft wurde nicht registriert, dass der Kultur-/Kreativsektor ein durch vielfältige Beschäftigungsformen und wirtschaftliche Existenzmodelle geprägter Sektor ist, der größtenteils nicht mit dem gängigen Unternehmertum (GmbH etc.) und auch nicht mit dem „Normalarbeitsverhältnis“ (Vollzeit) identisch ist. Er ist in mehrfacher Hinsicht strukturell unterschiedlich und wird oftmals als atypisch (= anormal?) abgewertet.

Der Kultur-/Kreativsektor ist in weiten Teilen auch nicht mit dem öffentlich finanzierten Kultursektor (Theater, Museen, Orchester, Bibliotheken etc.) gleichzusetzen. Öffentliche Kunst- und Kulturinstitutionen werden allenfalls nur zu einem kleinen Teil vom Markt finanziert. Deren Etats sind derzeit auch nicht in erheblichem oder gar existenzbedrohendem Maße weggebrochen. Umso erstaunlicher ist, dass viele Künstler/innen und Kreative über Gagenausfall durch öffentliche Kulturinstitutionen reden müssen. Hier mangelt es offensichtlich seitens der Institutionen an Empathie.

Nicht zuletzt sei auch darauf hingewiesen, dass der Kultur-/Kreativsektor kaum mit einer „Subkultur“ verglichen werden kann, in und mit der die Künstler/innen, Schriftsteller/innen und Kreativen lediglich ihre „Lebensart“ leben möchten. Im Gegenteil, viele Künstler/innen können ihre Existenz durch die von ihnen gewählte und ausgeübte Kunstproduktion allein oft nicht finanzieren. Deshalb gehören Teilzeittätigkeiten oder Teilzeitjobs – häufig als Mehrfachbeschäftigung – zu ihrem „kreativen“ Alltag. Das mit Begriffen wie „im Nebenerwerb“ oder als „geringfügig Tätige“ zu klassifizieren, ist eine strukturelle Fehleinschätzung – zumal, wenn sie mit der Schlussfolgerung versehen ist, es gebe keinen „Hauptberuf“ und deshalb auch keine Unterstützung.

Deutlich wird hier, dass sich die Wirtschaftspolitik ebenso wie die Arbeitsmarktpolitik auf ihr bekannte traditionelle Erwerbsmodelle fokussiert und den wachsenden Anteil von atypischen Tätigkeits- und Beschäftigungsverhältnissen am Arbeitsmarkt mindestens vernachlässigt. Denn betroffen sind hier nicht nur die Kultur- und Kreativwirtschaft, sondern längst auch andere Branchen des Dienstleistungssektors. Erwähnt seien hier nur Tourismus, Gastronomie, Logistik und Heil- wie Sozialberufe, aber auch die IKT-Industrie und die Digitale Wirtschaft.

Für all diese Bereiche gilt im Übrigen, dass die jetzt diskutierte „Grundsicherung“ als ernsthaftes Instrument der Soforthilfe nicht taugt und von einer gewissen Unkenntnis der Lage der Betroffenen zeugt.

Mit Hilfe der Experten in unserem kleinen Team werden wir versuchen, ein Frühwarnsystem einzurichten, mit dessen Hilfe die Entwicklung des Kultur-/Kreativsektors im Monatsrhythmus beobachtet wird. Bis zum Jahresende 2020 wird dieses Frühwarnsystem, basierend auf amtlichen Statistiken, unter anderem folgende Themen aufgreifen:

  • Wie entwickelt sich die Lage der selbständigen/abhängigen Erwerbstätigen, der kleinst-, klein- und mittelständischen Unternehmen im Kultur-/Kreativsektor im Jahr 2020 und im Folgejahr 2021?
  • Welche Trends spiegeln die Statistiken zu Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Umsatzeinbrüchen, zum Handel mit Kulturgütern/-dienstleistungen, zur vierteljährlichen Konjunktur?
  • Wie entwickeln sich die privaten Ausgaben für Kulturgüter und digitale Dienstleistungen, die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten, die Anzahl der Künstlerberufe und Kreativen?
  • Wie entwickelt sich die Einkommenssituation aller Solo-Selbständigen, aller Freiberufler und Unternehmen in den rund 60 Wirtschaftszweigen des Kultur-/Kreativsektors nach Umsatz- und Lohngrößen?
  • Wie entwickeln sich die pluralen Beschäftigungsformen und die Mehrfachtätigkeiten der einzelnen Freiberufler und Selbständigen?

Neben der Binnenbetrachtung des Kultur-/Kreativsektors soll auch die Lage anderer Branchen des Dienstleistungssektors vergleichend einbezogen werden. Dies kann dazu beitragen, den Blick über den eigenen Tellerrand zu heben und auch andere Branchen mit Empathie zu betrachten. Zudem dürfte dabei noch deutlicher werden, dass die strukturellen Probleme des Kultur-/Kreativsektors wahrlich keine Besonderheit der künstlerisch und kreativ Tätigen sind. Auch anderswo gibt es „atypische“ Sektoren im Sinne der beruflichen Tätigkeiten und wirtschaftlichen Möglichkeiten. Deshalb werden beispielhaft folgende Fragen einbezogen:

  • Wie entwickeln sich andere von der „Corona-Krise“ betroffene Branchen wie die Gastronomie, der Tourismus, die Heil-, Sozial- und Erzieherinnenberufe, die IKT- und Digitalwirtschaft und weitere unternehmensnahe, soziale und persönliche Dienstleistungen?
  • Welche strukturellen Wandlungen im Arbeitsmarkt und beim Einkommen werden sichtbar?

Das hier geplante Frühwarnsystem soll dazu beitragen, der Politik eine kurzfristige, realitätsnahe und vorausschauende Planung zu ermöglichen. Die Erkenntnisse aus den Analysen müssen zeitnah in die öffentliche Debatte eingebracht werden, um die Gesellschaft stärker als bisher (nicht nur) für die Belange des Kultur-/Kreativsektors zu sensibilisieren und sie zu informieren.

Nicht zuletzt soll das Frühwarnsystem jedem Solo-Selbständigen, jedem Freiberufler und jedem Unternehmen eine schnelle Überprüfung seiner wirtschaftlichen Lage ermöglichen.

5.
Zum Schluss sei angemerkt, dass der Wandel des Kultur-/Kreativsektors in seinen branchen- bzw. spartenbezogenen Feldern grundsätzlich in kurzfristigen Zyklen beobachtet werden muss
. Die „Corona-Krise“ wirkt sich auf die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Potenziale des Kultur-/Kreativsektors aus. Wie werden sich diese Potenziale in Zukunft entwickeln? Eine Frage, die sich nicht nur die unmittelbar Betroffenen stellen.

Für das Expertenteam,
Michael Söndermann, Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln

Vorankündigung: Das nächste Thema befasst sich mit dem Thema:  Wirtschaftlich relevanter Akteur oder Sozialfall: Die Solo-Selbständigen und Kleinstunternehmen, Juli 2020

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