DEN Schriftsteller gibt es nicht, Nr. 07

Vorbemerkung: Der Kultur/Kreativsektor ist von der „Corona-Krise“ besonders betroffen – auch, weil seine Strukturen und Beschäftigungsformen in vielfacher Hinsicht atypisch sind. Als kleines Expertenteam wollen wir den Blick für diese Zusammenhänge schärfen und der Öffentlichkeit, der Politik und den Medien zuverlässige Daten zur Verfügung stellen – und damit Hinweise für eine realistische und effektivere Gestaltung der „Hilfsprogramme“ bieten.

Die Debatte um das Einkommen eines/einer Schriftstellers/Schriftstellerin gibt es jenseits der aktuell „entbrannten Debatte“ schon länger. Dabei hat sich herausgestellt, dass es „den“ Schriftsteller nicht gibt, was das Einkommen betrifft. Ein „Durchschnittsumsatz“ sagt deshalb wenig aus. Es gilt hier zu differenzieren. Darauf haben Untersuchungen zur wirtschaftlichen Lage der „Berufsgruppe“ hingewiesen (siehe aktuell dazu den soeben erschienenen Landeskulturbericht NRW 2022, S. 181 ff). Die Mehrheit der Schriftsteller/innen wird einschlägig in der Rubrik „Mini-Selbstständige“ mit einem Jahresumsatz von durchschnittlich 5.100 Euro einsortiert. Es ist erstaunlich, dass diese statistisch ausgewiesene Differenzierung zwischen gut verdienenden „Bestseller-Autoren“ und dem Rest der Branche wenig vertraut ist. Deshalb soll anbei eine differenzierte Übersicht dazu einen Beitrag leisten.

Wirtschaftliche Lage der Schriftsteller/innen nach Daten der Finanzämter

In Deutschland arbeiteten nach Angaben des Büros für Kulturwirtschaftsforschung, Köln im Jahr 2020 schätzungsweise rund 25.800 selbständige Schriftsteller/innen. Zusammen erzielten sie einen Umsatz von rund 794,9 Millionen Euro. Das entspricht einem durchschnittlichen Umsatz je Steuerpflichtiger in Höhe von 30.800 Euro. Die Schätzungen basieren auf Informationen der Finanzämter, die vom Statistischen Bundesamt (Destatis) in anonymisierter Form aufbereitet und in einer Wirtschaftsstatistik jährlich veröffentlicht werden.

Tab. 1: Umsätze der selbständigen Schriftsteller/innen in Deutschland nach verschiedenen Größenklassen im Jahr 2020

Hinweis: Selbständige Schriftsteller/innen in der Wirtschaftszweigklassifikation unter dem Code WZ: 90.03.2 erfasst. Die Grenze der Kleinunternehmen liegt ab dem Jahr 2020 bei 22.000 € (in den Vorjahren bei 17.500 €). Alle Beiträge gerundet, Summendifferenzen rundungsbedingt.
Quelle: Destatis, Umsatzsteuerstatistik Voranmeldung 2020 und Veranlagung verschiedene Jahre; eigene Berechnung und Schätzung Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln

Knapp zwei Drittel (64 Prozent) aller selbständigen Schriftsteller/innen zählen zu den „Mini“-Selbstständigen mit weniger als 22.000 Euro Jahresumsatz (der Durchschnittsumsatz liegt bei rund 5.100 Euro jährlich). Viele von ihnen werden zur Sicherung ihres Lebensunterhalts neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit zusätzliche Quellen erschließen müssen.
Rund ein Fünftel (21 Prozent) erzielen als „kleine“ Selbstständige jährliche Durchschnittsumsätze von 32.400 Euro. Das kann ggf. zur Sicherung des Lebensunterhalts reichen.
Der Anteil der „mittleren“ und „größeren“ Selbstständigen liegt bei 16 Prozent – sie erzielen Durchschnittsumsätze zwischen 69.300 Euro und 150.000 Euro.
Der weitaus größere Teil der Schriftsteller/innen arbeitet als Solo-Selbstständige ohne weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Es gibt zusätzlich eine kleinere Gruppe von 250 Schriftsteller/innen (1 Prozent), die jährliche Umsätze von 250.000 Euro und mehr erzielen. Hinzu kommen noch weitere 100 Schriftsteller/innen (0,4 Prozent), die teilweise zu den Umsatzmillionären gezählt werden können.

Für das Expertenteam,
Michael Söndermann, Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln

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